Beim Fußball geht es längst nicht mehr nur um Tore, Platzierungen und Pokale. Eine neue Währung sind Fans, Reichweiten und Interaktion auf Social Media. Auch dafür gibt es eigene Ranglisten.
Wir haben mit Heiko Schulz gesprochen, Leiter Digitale Club-Plattformen beim Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen, der u.a. mit 2,6 Mio. Followern auf Facebook und seiner digitalen Reichweite zum ersten Drittel der Bundesligaclubs auf Social Media gehört. Im Interview gibt er Auskunft über die Social Media Aktivitäten beim Verein, die Rolle der Stars, die Strategie bei der Vernetzung von Content auf den Club-Plattformen und mehr.
Vor etwa drei Jahren hat Bayer Leverkusen auf den Social Media Kanälen einen Turbo gezündet und deutliche Zuwächse verzeichnet. Was hat sich da in Ihrer Strategie verändert?
Heiko Schulz: Auf Social Media haben wir 2010 angefangen, zunächst mit Facebook und Twitter. Instagram und Snapchat kamen später dazu. Zuletzt haben wir für den asiatischen Markt Sina Weibo und WeChat gelauncht.
Mit dem Vorhaben, uns internationaler aufzustellen, haben wir 2015/16 begonnen. Pläne und Strategien gab es schon länger, die Verpflichtung des mexikanischen Spielers Chicharito, der schon damals sehr beliebt auf Social Media war, kam Dynamik in den Prozess.
Und so konnten wir unsere Fan- und Followerzahlen auf Facebook, Twitter und Instagram deutlich steigern, echte Fans, wohlgemerkt.
Das heisst, Sie richten Ihren Content nach den Stars aus? Chicharito hatte ja schon mehrere Millionen Follower auf Twitter, als er zu Bayer 04 gewechselt ist.
Heiko Schulz: Grundsätzlich tragen Stars in allen Vereinen zur Begeisterung für ein Team bzw. den Verein bei. Wir haben von Chicharito profitiert, aber auch Spieler wie Hakan Calanoglu haben die Marke Bayer 04 bekannter gemacht. Wir haben eine Reihe von spannenden Spielern und großen Persönlichkeiten. Stefan Kießling zum Beispiel ist in Deutschland, aber auch darüber hinaus, ein starkes Gesicht der Werkself. Und junge Spieler wie Leon Bailey oder Panos Retsos bieten auch große Chancen für uns.
Durch attraktives Storytelling rund um unser Team und die einzelnen Spieler gewinnen wir Aufmerksamkeit sowie Fans und stärken unsere Marke. Gleichzeitig gibt es eine ganze Menge Content rund um das Team, Background-Infos, Eindrücke vom Training, Historisches, eben alles, was das Fußball-Herz höher schlägen lässt.
Was ist Ihr Hauptziel bei Ihren Social Media Aktivitäten? Und was bedeutet das für die Inhalte?
Heiko Schulz: Unser Hauptziel ist es, die Bekanntheit und die Beliebtheit von Bayer 04 im In- und Ausland weiter auszubauen. Dafür haben wir unsere Seite und unsere Social Media Kanäle internationalisiert und bedienen jetzt schwerpunktmäßig vier Märkte: Deutschland, den spanischsprachigen Markt, die USA und durch unsere Global Page den Rest der Welt. Wobei wir hier auch ereignisbezogen speziellen Content anbieten. Durch Panos Retsos beispielweise besitzt Griechenland nun eine hohe Relevanz für uns.
So können wir unsere Aktivitäten auch jeweils auf den lokalen Markt genauer ausrichten. In den USA zum Beispiel waren wir mit unserem Maskottchen „Brian the Lion“ unterwegs, und haben mehrmals Trainingscamps vor Ort durchgeführt. Das haben wir natürlich auch auf Social Media intensiv begleitet.
Den Deutschen sagt man ja nach, sie seien etwas Social Media-faul. Wie ist Ihre Erfahrung mit den unterschiedlichen Sprachen und Märkten?
Heiko Schulz: Was das Engagement angeht, kann ich nicht sagen, dass ich hier Unterschiede sehe. Deutsch, Englisch, Spanisch – die Bayer 04 Fans sind in allen Ländern ähnlich begeisterungsfähig.
Zum Saisonstart 2017/2018 haben Sie Flockler auf Ihrer Website eingeführt und integrieren an zahlreichen Stellen Content aus Ihren Social Media Kanälen. Was war Ihr Ziel bei der Einführung?
Heiko Schulz: Mit dem großen Relaunch unserer Website wollten wir das, was auf Social Media los ist auch denen zugänglich machen, die Social Media aktiv nicht oder wenig nutzen. Nicht jeder ist auf Facebook, Twitter oder Instagram, aber wir produzieren für diese Medien so attraktiven Content - News, Videoclips, Teaser - den wir auf der neuen Webseite verlängern. Das ist ein Service, den wir unseren Fans aktiv anbieten.
Zum zweiten wollten wir auch etwas Besonderes schaffen. Social Media und Owned Media so zu integrieren ist ja noch nicht üblich, auch nicht bei den großen Bundesliga-Clubs.
Wir liefern damit nicht nur noch mehr Hintergrundinfos und Emotionen auf der Website: Bei Spielen erscheinen unsere live Social Media Updates auch auf der Website. Das heißt unsere Fans haben noch mehr Möglichkeiten mitzufiebern, selbst wenn sie das Spiel nicht im TV anschauen können und nicht auf Social Media unterwegs sind.
Sie bieten ja nicht nur Ihren eigenen Content passend zu den jeweiligen Sprachen aus Ihren internationalen Social Media Kanälen, sondern haben auf den Profilseiten der Spieler auch die Feeds der Spieler integriert. Wie unterstützen Sie Ihre Spieler bei Social Media?
Heiko Schulz: In der Vergangenheit haben wir ihnen immer wieder Rüstzeug an die Hand geben. Wir haben sie mit Tipps und Best Practices unterstützt. Zudem haben wir vor der Saison einen Social-Media-Leitfaden erstellt, den wir in Papierform in unterschiedlichen Sprachen der Mannschaft zur Verfügung gestellt haben. Doch auch hier gilt: Es ist sehr wichtig, dass die Kommunikation unserer Spieler auf diesen Kanälen authentisch bleibt. Wir geben also in erster Linie Tipps und wollen helfen.
Wir sehen das als ein Geben und Nehmen: Wir stellen zudem Content bereit, zum Beispiel Fotomaterial von den Spielen oder vom Training, und natürlich unsere eigenen Club-Posts. Wir freuen uns, wenn Spieler unsere Posts teilen und uns so helfen, unsere Reichweite auch als Club zu steigern. Umgekehrt teilen wir den Content unserer Spieler natürlich auch regelmäßig.
Sie haben ja eine Reihe Sponsoren und Partner. Wie beziehen Sie diese in Ihre Social Media Aktivitäten mit ein?
Heiko Schulz: Da gibt es eine ganze Reihe von Formaten, wie wir unsere Partner präsentieren, z.B. auf Goal Posts, Aufstellungen oder Aktionen bei Freundschaftsspielen. Wir arbeiten da häufig mit so genannten Templates, die einen Wiedererkennungswert haben.
Stichwort Content Produktion: Sie veröffentlichen ja eine riesige Menge an Posts, Bildern und Videos, wer produziert die?
Heiko Schulz: Wir haben ein Club Media Team, vor allem an Spieltagen ist da Großeinsatz, denn wir produzieren live Posts und Kommentare zum Spielverlauf. Es gibt zahlreiche Redakteure, ein Videoteam und mehrere Fotografen und natürlich arbeiten wir mit Agenturen zusammen.
Schließlich gibt es natürlich auch das Inhouse Leadership, das dafür verantwortlich ist, aus der Menge des produzierten Contents das auszuwählen, was auch tatsächlich gepostet wird und für einen sinnvollen Content-Mix zu sorgen.
Welche Rolle spielen Agenturen dabei?
Heiko Schulz: Natürlich arbeiten wir mit Agenturen zusammen, die uns beraten, Ideen und Anstöße geben, und bei der Umsetzung unterstützen.
Welche digitalen Kanäle bespielen Sie neben Social Media?
Heiko Schulz: Die Website, die als Owned Media unsere zentrale Anlaufstelle im Netz ist. Dazu Stadium Vision mit 600 Bildschirmen im Stadion. Kampagnen auf den digitalen Kanälen, Ticketing-Kampagnen, Push Messages auf mobilen Anwendungen und vieles mehr.
Und wo sehen Sie den Fokus in den nächsten Jahren?
Heiko Schulz: Insgesamt ist für uns als Verein wichtig, unsere Fanbasis weiter zu begeistern und international auszubauen. Dafür ist Social Media ein wichtiges Tool. Und wir schauen uns als Verein an, wie wir die Interaktion mit unseren Fans noch mehr verstärken können, z.B. durch dedizierte Fan-Aktionen.
Für die Zentralvermarktung der Medienrechte ist ja die Deutsche Fußball-Liga zuständig. Damit gehen auch bestimmte Richtlinien einher, was wir wann wo veröffentlichen können.
Auch deshalb haben Owned Media weiter einen wesentlichen Stellenwert für uns. Hier können wir manche Dinge früher oder exklusiv publizieren. Unsere Website mit einer bunten Mischung aus Content, Videos, Bildern, Informationen und der Möglichkeit Tickets und Trikots zu kaufen, wird auch weiterhin eine große Rolle spielen.
Und natürlich die Verzahnung mit Social Media auf der Seite. Da werden wir uns noch genauer anschauen, welchen Einfluss das auf unsere Kennzahlen hat, z.B. die Verweildauer auf der Seite.